18. Kläppchen


18. Dezember 2016

Glück ist, wenn man der Meinung anderer Leute nicht zu viel Gewicht beimisst.



"Guck mal Mama!" Seit gut einer Stunde saß ich mit meiner Jüngsten auf den winzigen Stühlen im Gruppenraum des Kindergartens und mühte mich dabei ab, ihr beim Basteln ihrer Schultüte zu helfen.

Nun hielt sie das fast fertige Stück voller Stolz hoch und ihre Augen strahlten. "Ich bin schon fast fertig. Sieht die Tüte nicht toll aus?" Tatsächlich hatte ich nur hier und da ein paar Handlangertätigkeiten verrichten dürfen und sie hatte den Großteil alleine machen wollen. "Ja, sie ist wunderschön!" erwiderte ich.

Und dann gesellte sich ein weiteres Mädel aus der Gruppe zu uns. Zwei Tische weiter arbeitete ihre Mami fleißig an der Bastelarbeit und ich hatte schon bemerkt, wie die Tochter von Tisch zu Tisch lief und die Arbeiten der anderen Kinder kommentierte.
"Wie sieht dein Gesicht denn aus?" fragte sie in abfälligen Ton – ja, das können auch schon manche Kinder – und blickte auf das Werk meiner Tochter. Dann stieß sie einen künstlichen Lacher von sich – auch dazu sind 6jährige leider schon fähig. "Ich find deine Tüte hässlich!" sprach sie und verschwand.

Die Gefühle in mir brodelten und vielleicht war es gut, dass dieses Mädchen genauso schnell weg war, wie sie gekommen war. Ich schaute auf das enttäuschte Gesicht meiner Tochter. "Die Tüte ist doof Mama." Sie legte die fast fertige Schultüte auf den Tisch. "Bastelst du mir eine Neue?"

*

Wir haben damals keine neue Tüte gebastelt. Dank guter mütterlicher Überzeugungsarbeit steigerte sich der Wert der Tüte langsam wieder von "total bescheuert" über "geht so" bis "naja, ganz ok". Aber das Strahlen in den Augen war verschwunden.

Damals hätte ich diesem kleinen Gör vom Nachbartisch gern ein paar Takte gesagt. Heute würde ich das nicht mehr tun. Denn letztendlich können wir einem anderen ja nicht verbieten, seine Meinung kund zu tun. Wir müssen damit leben, dass andere unser Verhalten oder unser Werk in der Luft zerreißen - sei es, um uns weh zu tun oder weil sie wirklich diese Meinung vertreten.

Es ist an uns, uns unsere schönen Momente, unseren Stolz auf Dinge oder unsere Glücksmomente nicht von anderen zerstören zu lassen. Natürlich ist es nicht immer leicht, denn sobald man ins Grübeln gerät und der Apparat zwischen unseren Ohren seine Arbeit aufnimmt, kann es gefährlich für dieses Hochgefühl werden.

Doch, wenn wir selbst schon vorab nachgedacht haben über das was wir tun, wenn unsere Art zu leben unser Handeln unserem eigenen Bild entspricht und wir authentisch sind, wenn wir zu dem Schluss gekommen sind, dass es gut und richtig ist, was und wie wir etwas tun, dann kann es doch nur ein Leichtes sein, unser Gegenüber strahlend ins Gesicht zu lächeln. Oder?


Ich wünsche euch einen wunderschönen Tag!

eure Ulla


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