Ein Jahr danach


 Ein Jahr und eine Woche ist es nun her, dass ich die Diagnose Brustkrebs erhalten habe.

Ein aufregendes Jahr liegt hinter mir, das für mich sehr viel "in sich gehen" bedeutet hat, nachdenken über das Leben und seine Fallen, die es einem stellt, lernen eigenes Verhalten zu begreifen und in manchen Fällen auch zu ändern.

Es war ein tiefes Jahr - gar nicht in Form von tiefen Tälern (die gab es seltsamerweise gar nicht so sehr) - aber ein tiefes Jahr in der Art, dass man seine eigenen Tiefen erforscht hat, in sich gegangen ist, sein Verhalten wie ein Außenstehender angeschaut hat, Erklärungen aufgedeckt hat und Blickrichtungen langsam verändert hat. Ein sehr wirksames Jahr, lehrreich, verbindend.

Ich habe in den letzten Wochen viel Unkraut herausgerissen und neue Samen eingepflanzt. Manche sprießen schon wunderbar, einige welken vor sich hin und brauchen mehr Pflege. Alte Denkweisen wurden abgesetzt und  gar nicht unbedingt durch neue ersetzt, aber der Platz wurde frei gemacht....vielleicht für etwas was kommt...vielleicht bleibt der Platz aber auch einfach leer, um die Möglichkeit zu haben, für Sachen kurzweilig Platz zu haben, die ich (noch) nicht zuordnen mag in "tut mir gut" oder "möchte ich nicht".

Das Leben jetzt muss mir Raum lassen, um zu entscheiden, was ich möchte und wie ich es möchte. Und zwar in jedem einzelnen Augenblick. Es soll kein Platz mehr sein für Dinge, die nicht in meinen Händen liegen, die mich aber ärgern und wütend machen oder traurig. Was nicht heißt, dass ich nicht mal wütend oder traurig sein werde. Nur diese negativen Gefühle, sollen in mir keinen Nährboden mehr finden: keine Gedankenspiele mehr über mögliche Horrorszenarien, keine Grübeleien mehr über nicht veränderbare Momente. Sondern schauen, dass es mir jetzt gut geht und alles andere fließen lassen, ausströmen lassen.

Manchmal stelle ich mir vor, wie mein altes Ich auf mein neues Ich trifft. Sie sind sich schon sehr ähnlich, aber das neue Ich steht auf festeren Füßen, lässt sich weniger schnell mitreißen, ist langsamer.
Während das alte Ich sich ärgert und wütet oder aber sich energiegeladen in Vorbereitungen schmeißt, sitzt das neue Ich noch da und streckt den Kopf Richtung Sonne und schlürft vom Kaffee.

Vielleicht sollte ich mich dran machen und all denen Danke sagen, die mich zur Kaffeeschlürfenden Frau in der Sonne haben werden lassen.... Eine Idee, die ich mal auf den freien Platz räume.... und wenn es mich treibt, dann werde ich es in die Tat umsetzen.... wenn nicht....dann wird der Platz frei für etwas anderes.....



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