Und die zwei steht vorne
Sonntag, 20. Dezember 2020
Am Ende unseres Lebens werden wir nicht
danach gerichtet werden, wie viele Diplome wir haben, wie viel
Geld wir verdient haben,
oder wie viele große Taten wir vollbracht haben. Wir werden
hiernach gerichtet werden:
Ich war hungrig, und Du hast mir zu Essen gegeben. Ich war
nackig, und Du hast mich gekleidet. Ich war ohne Zuhause
und Du hast mich
beherbergt.
Mutter
Theresa
Gerade
in der Weihnachtszeit nehmen wir sie kaum noch wahr. Zu sehr ist unser Kopf
voll mit Dingen, die noch erledigt werden müssen und wir hasten durch die
Straßen. Aber selbst wenn wir sie wahrnehmen, dann schauen wir auch gerne weg.
Obdachlose, Bedürftige, die auf dem Boden sitzen und uns um Hilfe bitten.
Wer hat nicht selbst schon gedacht: „selbst
schuld“, „es gibt Hilfen genug“, „sicher steckt da eine kriminelle Organisation
dahinter“, „der holt sich eh nur Alkohol davon“. Ich zumindest spreche mich
nicht davon frei.
Und dann wieder sehe ich eine Dokumentation,
lese einen Bericht und bekomme mit, wie schnell man in so eine Situation kommen
kann, was einen durch das Raster für Hilfen fallen lässt oder warum man diese
Gänge zum Amt erst gar nicht machen mag. Und dann schäme ich mich für meine
Gedanken.
Ist es letztendlich nicht auch egal, was
dahintersteckt, dass ein Mensch auf dem kalten Boden sitzt und dich um etwas
bittet? Ist es für dich schmerzhaft, diesem Menschen einen Augenblick deine Aufmerksamkeit
zu schenken oder ihm ein warmes Essen zu geben?
Tut es dir weh deine alten Kleider statt in den
Müll, direkt den bedürftigen Menschen zu geben?
Es gibt sicher einige von uns, die für Projekte
regelmäßig spenden: Aktion Mensch, Hilfe in Afrika, SOS Kinderdörfer… Alles
sicher wichtige Organisationen, die auf Gelder angewiesen sind. Doch warum
fällt es uns hier so viel leichter, mal eben 20 Euro zu spenden? Macht der
direkte Kontakt uns Angst?
Ich glaube, allein wenn wir diesen Menschen im Alltag
zeigen, dass sie nicht unsichtbar sind, indem wir ihnen die Türen aufhalten,
den älteren Leuten anbieten, die Taschen bis zum Auto zu tragen, dem
Obdachlosen einen alten Schlafsack bringen oder dem Bettler ein warmes Essen
reichen oder uns einfach nur ihre Geschichte anhören, zeigen wir ihnen, dass
sie sich nicht abseits der Gesellschaft fühlen müssen. Sie sind ein Teil von
UNSERER Gesellschaft.
Und fragt euch doch einmal, wie ihr euch eure
Gesellschaft wünscht?
Der Bettler und der Buddha
Es war einmal ein
kleiner Betteljunge, dem, nachdem er sich hungrig schlafen legte, eine Maus ein
Stück von seinem Brot gestohlen hat.
“Warum klaust du
ausgerechnet von meinem Brot, statt vom Brot reicher Leute, die sowieso genug
haben!”, fragte er sie. Die Maus antwortete, dass dies das Schicksal des
kleinen Jungen sei und dass nur der große Buddha wissen kann, warum das so ist
und wie er das verändern kann. So machte sich der kleine Betteljunge auf, dem
großen Buddha seine Schicksalsfrage zu stellen.
In der 1. Nacht suchte
er in der Kälte und hungrig Unterschlupf im Haus einer wohlhabenden Familie,
die ihn gastfreundlich aufnahm. Natürlich wurde er gefragt, wohin er denn geht
und so erzählte er den netten Leuten, dass er auf dem Weg zum großen Buddha
sei, um seine Schicksalsfrage zu stellen und um Rat zu fragen.
Daraufhin fragten ihn
die Leute, ob er dem Buddha auch eine Frage von ihnen stellen könne. Und weil
sie ihm so sehr geholfen haben, willigte der Bettler ein die Frage zu stellen.
“Wir haben eine
wunderschöne junge Tochter, die einfach nicht spricht! Kannst du den Buddha
nach Rat fragen?”. Der kleine Betteljunge willigte ein. Hatte ihn doch sein
Herbergsvater so freundlich empfangen.
Am anderen Tag zog der
kleine Bettler weiter. Schnell kam er an den Fuß eines riesigen Gebirges, was
er überwinden musste, um zu seinem Ziel zu kommen. Er wusste, dass er es nicht
bezwingen konnte und fragte den Zauberer, ob er ihn über das Gebirge tragen
kann, da er zum großen Buddha möchte, um seine Schicksalsfrage zu stellen. Der
Zauberer trug den Betteljungen mit seinem Zauberstab über die Spitzen des
Gebirges und fragte ihn, ob er wohl im Gegenzug dem Buddha auch eine Frage von
ihm stellen kann. Der kleine Bettler willigte ein.
“Seit über 1000 Jahren
versuche ich in den Himmel aufzusteigen und endlich frei zu sein. Doch ich
schaffe es nicht! Kannst du den großen Buddha für mich um Rat fragen?”
Der Betteljunge
versprach ihm auch seine Frage zu stellen und zog, nachdem sie auf der anderen
Seite des Gebirges angekommen waren, weiter.
Er lief und lief, bis
er an einen großen See kam. Diesen See musste er, um zu seinem Ziel zu kommen,
überqueren. Er bat die alte Schildkröte, ihn mitzunehmen und über das
Wasser zu tragen, was sie auch tat. Als er ihr unterwegs erzählte, dass er auf
dem Weg zum großen Buddha ist, um ihm seine Schicksalsfrage zu stellen, fragte
sie ihn, ob er wohl auch von ihr eine Frage stellen kann. Der Betteljunge
willigte ein.
“Seit 500 Jahre
versuche ich ein Drache zu werden und frei zu sein, aber es gelingt mir einfach
nicht! Kannst du den Buddha um Rat fragen?”.
Der Bettler versprach
es ihr und zog, als sie auf der anderen Seite des Sees angekommen sind, weiter.
Endlich kam er an beim
großen Buddha und war überrascht, wie viele Pilger er dort vorfand, die alle um
Rat fragen wollten. Der Buddha begrüßte alle, hielt eine kurze Ansprache und
versprach, jedem Audienz zu gewähren. Damit es ihm möglich ist, würde er
maximal 3 Fragen pro Person beantworten.
In diesem Moment war
der kleine Betteljunge wie versteinert. Hatte er doch 4 Fragen
mitgebracht. Er war hin und her gerissen und überlegte. Er erinnerte sich
an seine 3 Helfer und erkannte, dass er im Vergleich zu ihnen eine so viel
unwichtigere Frage stellen wollte und entschied schließlich, die Fragen seiner
Helfer zu stellen und somit auf seine eigene Frage zu verzichten und eben sein
Leben als Bettler weiterleben.
Als er an die Reihe
kam, stellte er dem großen Buddha seine 3 Fragen und bekam erstaunliche
Antworten. Auf seiner Heimreise kam er zunächst an den großen See, an dem ihn
die alte Schildkröte bereits in Empfang nahm. Aufgeregt erzählte er ihr von dem
Rate des großen Buddha:
“Du musst dein
vermeintliches Schutzschild, deinen Panzer, ablegen, um dich in einen Drachen
zu verwandeln und frei zu sein! Erst wenn du diesen Schutzbereich verlässt,
wird es passieren!”.
Daraufhin legte die
alte Schildkröte ihren Panzer ab, verwandelte sich in einen Drachen und flog
frei davon. Den Panzer überließ sie dem kleinen Betteljungen. Er war in den
letzten 500 Jahren gefüllt von Schätzen aus den Tiefen der Meere.
Der kleine Bettler
nahm den Schatz an sich und wanderte weiter bis zum Fuße des großen Gebirges.
Dort erwartete ihn der alte Zauberer schon sehnsüchtig, denn er wollte seine
Antwort wissen. Der kleine Junge sagte ihm, was der Buddha ihm mitgegeben
hatte:
“Du hältst dich an
deinem Besitz, deinem Zauberstab fest, der dich wie ein Anker am Boden hält und
dich nicht in den Himmel aufsteigen lässt! Lass deinen Zauberstab los und werde
frei!”.
Der Zauberer gab dem
kleinen Bettler seinen Zauberstab und stieg frei hinauf in den Himmel. Der
kleine Bettler nahm den Zauberstab an sich und ging weiter.
Schon bald erreichte
er das Haus der wohlhabenden Familie mit der stummen Tochter. Der Vater der
jungen Frau öffnete ihm die Türe und der Betteljunge erzählte ihm vom Rat des
Buddha: “Deine Tochter spricht erst dann, wenn sie ihren Seelenverwandten
getroffen hat!” Und während er berichtete, kam die Tochter die Treppen herunter
und fragte, als sie den Bettler sah: “Ist das nicht der junge Mann, der vor
kurzem bei uns war?”.
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